1) Einleitung - Historischer Hintergrund
Immer wieder gab es in der Antike bis ins frühe 20. Jahrhundert Stadtbrände, deren Auswirkungen teilweise katastrophal waren mit dutzenden zerstörten Kirchen und Häuser, sowie teilweise mehreren hundert oder gar tausend Todesopfern. Für die damaligen Menschen galten somit Brände mit zu den schlimmsten Katastrophen.
Historische Gebäude wurden typisch in Holzbauweise (Fachwerkhäuser) errichtet und boten aus brandschutztechnischer Sicht natürlich ausreichend Grundlage, dass sich Feuer potenziell unkontrolliert ausbreiten konnte. Auslöser (Zündquellen) ließen sich hierfür sehr viele finden: Funken in einer Schmiede, Holzkohle im Ofen einer Bäckerei, Glasbläsereien, u.v.a.m.
Demnach ist es kaum verwunderlich, dass es bereits frühe Überlegungen zum Thema Brandschutz gab und strikte Vorschriften (baulich und organisatorisch), um Bränden und deren Ausbreitung vorzubeugen. So stammen etliche Feuerordnungen aus dem Mittelalter, die in Verordnungen zu Feuerverhütung und solche zur Brandbekämpfung verankert waren. Die Errichtung von Brandmauern zur Verhinderung des Übergreifens eines Feuers von Haus zu Haus war ebenfalls Bestandteil. Es galt hierbei der Ansatz den Brand begrenzt zu halten und ein Übergreifen auf das benachbarte Gebäude möglichst lange zu verhindern. Gebäude, die in Steinbauweise (massiver Bauweise) errichtet wurden, blieben nach Bränden meist unbeschadet stehen, sodass die Baustoffe zur Errichtung von Brandmauern aus dieser Erkenntnis heraus klar feststanden.
Bis heute besitzt dieses Brandbegrenzung- und Abschottungsprinzip seine Gültigkeit und wird in dem nachfolgenden Beitrag aus heutiger bauordnungsrechtlicher Sicht näher betrachtet. Die materiellen Anforderungen an Brandwände und Trennwände finden wir in der Musterbauordnung unter den Paragraphen 29 und 30[i]. Bitte beachten Sie, dass die Rechtsverbindlichkeit des Baurechts dem Landesrecht des jeweiligen Bundesland obliegt, in dem sich die bauliche Anlage befindet bzw. errichtet wurde.
2) Wesentliche Aspekte zu Brandwänden
Kurz gesagt gibt es zwei Arten von Brandwänden, nämlich einmal als Gebäudeabschlusswand und einmal als innere Brandwand zur Unterteilung von Gebäuden. Hierbei spielt immer das eingangs bereits erwähnte bauliche Abschottungsprinzip die wesentliche Hauptrolle.
Im § 30 Abs. 2 der Musterbauordnung wird genauer beschrieben, welche Voraussetzungen vorhanden sein müssen, dass eine Brandwand als Gebäudeabschlusswand errichtet werden muss. Hier sind nämlich die Abstände zur jeweiligen Grundstücksgrenze entscheidend. So gilt:
Gebäudeabschlusswände
Abstand zur Grundstücksgrenze < 2,50 m = Brandwand als Gebäudeabschlusswand erforderlich. Ausnahme: Ein Abstand von mindestens 5 m zu bestehenden oder nach den baurechtlichen Vorschriften zulässigen künftigen Gebäuden ist gesichert.
Von dieser Forderung ausgenommen sind Gebäude ohne Aufenthaltsräume und ohne Feuerstätten mit nicht mehr als 50 m³ Brutto Rauminhalt.
Innere Brandwände
Eine Unterteilung von ausgedehnten Gebäuden in Brandabschnitte ist spätestens nach 40 m erforderlich. Bei landwirtschaftlich genutzten Gebäuden wird die Begrenzung des Brandabschnittes anhand des Brutto-Rauminhaltes vorgeschrieben. Hierbei ist eine innere Brandabschnittstrennung spätestens nach 10.000 m³ Brutto-Rauminhalt erforderlich.
Eine brandschutztechnische Trennung im Zuge einer inneren Brandwand ist ebenso zwischen Wohngebäuden und angebauten landwirtschaftlich genutzten Gebäuden sowie zwischen dem Wohnteil und dem landwirtschaftlich genutzten Teil eines Gebäudes erforderlich.
Materielle Anforderungen
Im Abs. 3 des § 30 sind die materiellen Anforderungen an Brandwände beschrieben. Grundsätzlich sind Brandwände (Gebäudeabschlusswände und innere Brandwände) hierbei: Wände, die unter zusätzlicher, mechanischer Beanspruchung feuerbeständig und aus nicht brennbaren Baustoffen bestehen. In Abhängigkeit der jeweiligen Gebäudeklasse sind jedoch Wände zulässig anstelle einer Brandwand – sog. Brandwand-Ersatzwände.
Gebäudeklasse |
Innere Brandwände |
Gebäudeabschlusswände |
GK 1 |
Zulässig: Hochfeuerhemmende Wände aus nicht brennbaren Baustoffen (F60-A/ REI-60) |
Gebäudeabschlusswände müssen jeweils von innen nach außen die Feuerwiderstandsfähigkeit der tragenden und aussteifenden Teile des Gebäudes, mindestens jedoch feuerhemmende Bauteile, und von außen nach innen die Feuerwiderstandsfähigkeit feuerbeständiger Bauteile haben. |
GK 2 |
Zulässig: Hochfeuerhemmende Wände aus nicht brennbaren Baustoffen (F60-A/ REI-60) |
|
GK 3 |
Zulässig: Hochfeuerhemmende Wände aus nicht brennbaren Baustoffen (F60-A/ REI-60) |
|
GK 4 |
Zulässig: Hochfeuerhemmende Wände aus nicht brennbaren Baustoffen + zusätzliche mechanische Beanspruchung (F60-A-M/ REI-M-60) |
Zulässig: Hochfeuerhemmende Wände aus nicht brennbaren Baustoffen + zusätzliche mechanische Beanspruchung (F60-A-M/ REI-M-60) |
GK 5 |
Feuerbeständige Wände aus nicht brennbaren Baustoffen + zusätzliche mechanische Beanspruchung (F90-A-M/ REI-M-90) |
Feuerbeständige Wände aus nicht brennbaren Baustoffen + zusätzliche mechanische Beanspruchung (F90-A-M/ REI-M-90) |
Brandwände müssen entsprechend Abs. 4 des § 30 bis zur Bedachung geschossübergreifend durchgehen und übereinander angeordnet sein. Ausnahmen im Sinne eines Versatzes der vertikalen Brandwandführung sind hierbei mit öffnungslosen Ausführungen in feuerbeständiger Bauweise mit nichtbrennbaren Baustoffen im Bereich der Wände, Decken und Außenwände erlaubt. Hierbei sind die Sätze 1 bis 5 des § 30 Abs. 4 unbedingt zu berücksichtigen.
Überdachführung
In der Gebäudeklasse 4 und 5 sind Brandwände entsprechend des Abs. 5 mindestens 0,30 m über die Bedachung zu führen oder in Höhe der Dachhaut mit einer beiderseits 0,50 m auskragenden feuerbeständigen Platte aus nichtbrennbaren Baustoffen abzuschließen.
Der wohl entscheidendste Punkt bei der Überdachführung von Brandwänden ist jedoch, dass darüber keine brennbaren Teile hinweggeführt werden dürfen. Hier entstehen mitunter in der Praxis die häufigsten Fehlerquellen (Dachabdichtungen, Dämmung, etc.).
Ausnahmen bilden bei der Überdachführung von Brandwänden die Anforderungen in Gebäuden der Gebäudeklassen 1 bis 3. Hier dürfen Brandwände mindestens bis unter die Dachhaut geführt werden. Verbleibende Hohlräume sind vollständig mit nichtbrennbaren Baustoffen auszufüllen.
Über-Eck-Situationen
Bei Gebäuden oder Gebäudeteilen, die über Eck zusammenstoßen und durch eine Brandwand getrennt werden, muss gemäß Abs. 6 der Abstand von der inneren Ecke mindestens 5 m betragen; das gilt nicht, wenn der Winkel der inneren Ecke mehr als 120 Grad beträgt oder mindestens eine Außenwand auf 5 m Länge als öffnungslose feuerbeständige Wand aus nichtbrennbaren Baustoffen, bei Gebäuden der Gebäudeklassen 1 bis 4 als öffnungslose hochfeuerhemmende Wand ausgebildet ist.
Außenwandkonstruktionen
Hinterlüftete Außenwandbekleidungen oder Doppelfassaden können im Brandfall im Bereich der Brandwände eine seitliche Ausbreitung begünstigen. Hierzu heißt es im Abs. 7 sind „besondere Vorkehrungen zu treffen“. Dies ist durch entsprechende Fachplaner und Sachverständige vorzunehmen. Außenwandbekleidungen von Gebäudeabschlusswänden müssen einschließlich der Dämmstoffe und Unterkonstruktionen nichtbrennbar sein. Hierbei dürfen Bauteile in Brandwände nur soweit eingreifen, dass deren Feuerwiderstandsfähigkeit nicht beeinträchtigt wird. Dies gilt auch für Leitungen, Leitungsschlitze und Schornsteine.
Öffnungen in Brandwänden
Wenn man sich die grundlegende Aussage des Abs. 8 anschaut, sind Öffnungen in Brandwänden erstmal unzulässig. Jedoch ist es in der Praxis, besonderes bei der Unterteilung mit inneren Brandwänden erforderlich, dass Öffnungen vorhanden sind. Hierzu sind diese jedoch nur zulässig, wenn sie auf die für die Nutzung erforderliche Zahl und Größe beschränkt sind und feuerbeständige, dicht- und selbstschließende Abschlüsse haben.
3) Wesentliche Aspekte zu Trennwänden
Nicht jede Wand in einem Gebäude muss automatisch einen Feuerwiderstand aufweisen. Trennwände im bauordnungsrechtlichen Sinne haben grundsätzlich eine definierte Feuerwiderstandsdauer, bzw. müssen als raumabschließende Bauteile ausreichend lang widerstandsfähig gegen die Brandausbreitung sein. Konkretisiert wird diese Anforderung im § 29 der Musterbauordnung. So heißt es im Abs. 2, dass Trennwände erforderlich sind:
1. zwischen Nutzungseinheiten sowie zwischen Nutzungseinheiten und anders genutzten Räumen, ausgenommen notwendigen Fluren,
2. zum Abschluss von Räumen mit Explosions- oder erhöhter Brandgefahr,
3. zwischen Aufenthaltsräumen und anders genutzten Räumen im Kellergeschoss.
Die Feuerwiderstandsdauer richtet sich hierbei nach den tragenden und aussteifenden Bauteilen des jeweiligen Geschosses. Trennwände sind jedoch mindestens immer in feuerhemmender Qualität, respektive Feuerwiderstandsdauer herzustellen. Sollten Trennwände als raumabschließende Bauteile bei Räumen mit Explosions- oder erhöhter Brandgefahr verwendet werden, so müssen diese feuerbeständig sein. Die genaue Definition derart klassifizierter Räume sollte im Neubau wie auch im Bestand durch Brandschutzbeauftragte, Brandschutzplaner und Brandschutzsachverständige erfolgen, die entweder im Rahmen von Gefährdungsbeurteilungen dies festlegen und/ oder bei der Konzeptionierung (Erstellung von Brandschutzkonzepten oder Brandschutzgutachten). Zu beachten gilt jedoch: Sollten diese Räume mit erhöhter Brand- und Explosionsgefahr im Brandschutzkonzept beschrieben sein und dieses ist oder wirdwomöglich Bestandteil der Baugenehmigungssituation, müsste rein formal für jede nachträgliche Änderung (nach Erteilung der Genehmigung) dieser Räume (durch zum Beispiel Erweiterung) ein Nutzungsänderungsantrag bei der genehmigende Behörde durch bauvorlageberechtigte Entwurfsverfasser eingereicht werden. Ferner bietet sich grundsätzlich an, dass für solche Bereiche/ Räume genaue Betriebs- und Nutzungsbeschreibungen durch den Betreiber/ Nutzer angefertigt werden. Hierbei kann der Brandschutzbeauftragte aktiv mit unterstützen.
Trennwände gemäß § 29 MBO sind bis zur Rohdecke und im Dachraum bis unter die Dachhaut zu führen. Werden in Dachräumen Trennwände nur bis zur Rohdecke geführt, ist diese Decke als raumabschließendes Bauteil einschließlich der sie tragenden und aussteifenden Bauteile feuerhemmend herzustellen.
Bei Öffnungen in Trennwänden wird es nun allerdings spannend. Denn diese müssen gemäß Abs. 5 feuerhemmende, dicht- und selbstschließende Abschlüsse aufweisen. Gleichwohl gilt die Grundsatzanforderung auch hier, dass Öffnungen nur zulässig sind, wenn sie auf die für die Nutzung erforderliche Zahl und Größe beschränkt sind. Da sich der Feuerwiderstand der Trennwände jedoch nach den Anforderungen an die tragenden und aussteifenden Bauteilen des jeweiligen Geschosses richtet, kann es nun durchaus vorkommen, dass in einer feuerbeständigen Trennwand sich feuerhemmende Feuerschutzabschlüsse (Brandschutztüren) wieder finden. Dies ist dann genau der Tatsache des Abs. 3 Satz 1 geschuldet.
Die materiellen Anforderungen an Trennwände im Sinne des § 29 MBO gelten im Übrigen nicht für Wohngebäude der Gebäudeklassen 1 und 2.
4) Wissenswertes für den Brandschutzbeauftragten
Aus den Anforderungen der Paragraphen 29 und 30 der Musterbauordnung wie unter Punkt 2 und 3 beschrieben, lässt sich sehr deutlich erkennen wie wichtig im Besonderen nun die Ausführungen dieser Brand- und Trennwände in der Praxis sind. Um das bauliche, brandschutztechnische Abschottungsprinzip adäquat zu erreichen und somit einer Brandausbreitung vorzubeugen, sowie damit den bauordnungsrechtlichen Schutzzielen im Sinne des § 3 Musterbauordnung zu entsprechen, besteht die besondere Aufgabe des Brandschutzbeauftragten darin, wesentliche Merkmale von Brand- und Trennwänden zu kennen und in den Gebäuden stets zu kontrollieren.
Konkret heißt dies, dass der Brandschutzbeauftragte genaue Kenntnis darüber besitzen sollte, welche Wände und Decken welche brandschutztechnische „Qualität“ aufweisen. Wo befinden sich die Brandwände und in welcher Feuerwiderstandsdauer sind diese ausgeführt? Hier zeigen sich auch deutlich die Unterschiede zwischen brandschutzqualifizierten Bauteilen im Bestand und im Bereich von Neubauten.
Mit der Neufassung der Musterbauordnung von 2002 wurde in Deutschland die Einteilung von Gebäuden in die fünf Gebäudeklassen eingeführt. Im Bereich der Anforderungen an Trennwände analog den tragenden und aussteifenden Bauteilen des Geschosses kann es zum Beispiel bei älteren Gebäuden (vor den 2000er) bereits spannend werden.
Hier kann nur eine adäquate Grundlagenermittlung Aufschluss geben. Dies heißt konkret für Brandschutzbeauftragte, dass nachfolgende Dokumente vorliegen müssen, um eine Aussage über Bauteile (hier: Brand- und Trennwände) treffen zu können:
Ø Baugenehmigung
Ø Genehmigte Grundriss- und Schnittpläne, Ansichten
Ø Brandschutzpläne aus dem Brandschutzkonzept (sofern vorhanden)
Ø Feuerwehrpläne (Übersichts- und Geschosspläne)
Erst wenn klar ist, wo sich diese brandschutzqualifizierten Bauteile im Gebäude befinden, kann der Brandschutzbeauftragte auch die Ausführung kontrollieren. Hierbei sind keine Tätigkeiten im Rahmen einer Fachbauleitung Brandschutz oder Sachverständigenleistungen gemeint, sondern einfache Feststellungen wie zum Beispiel Durchführungen von Leitungs- und Lüftungsanlagen, verwendete Schottsysteme, Überdachführung und dortige Dachaufbauten, sowie vorhandene Feuerschutzabschlüsse (Brandschutztüren) und deren etwaige Mängel.