Probleme in der Praxis
Die Schnittstellen zwischen Arbeits- und Brandschutz sind somit eindeutig definiert und verfolgen im Grunde genommen das gleiche Ziel. Die Probleme entstehen jedoch meistens in der Anwendung, respektive der Bewertungen einzelner Brandschutzthemen. Wenn man die Akteure im Arbeitsschutz und im Brandschutz betrachtet, so können meistens in Bezug auf deren unterschiedliche Blickwinkel und Herangehensweisen Konflikte entstehen. Als Beispiel nehmen wir das allseits bekannte Thema der Aufschlagsrichtungen von Flucht- und/ oder Notausgangstüren. Das Bauordnungsrecht äußert sich in Bezug auf Regelbauten (MBO) in keiner Weise dazu. Ausnahme bilden teilweise die geregelten Sonderbauvorschriften (MVStättVO § 9, Abs. 3; MVKVO §§ 10, Abs. 3 und 15, Abs. 3; M-GarVO §, Abs. 1; MSchulbauR Punkt 5; KhBauV0 § 16, Abs. 4).
Bei den ungeregelten Sonderbauten wird es jedoch heikel. Denn im Fall einer baulichen Errichtung von einer Kindertagesstätte wurden Türen in Notausgängen teilweise entgegen der Fluchtrichtung eingebaut. Der Brandschutzkonzeptersteller hatte sich dahingehend eingangs nicht konkret geäußert, bzw. diese beschrieben als Ausgänge im Verlauf eines Fluchtweges, der direkt ins Freie oder in einen gesicherten Bereich führt. Bauordnungsrechtlich wäre dies formal erstmal so in Ordnung gewesen. Der Bauantrag wurde eingereicht und genehmigt. Eine Ausnahmegenehmigung im Hinblick auf die Aufschlagsrichtung wurde erst im Nachgang gestellt. Dieser wurde jedoch nicht zugestimmt, obwohl der Brandschutzsachverständige mehrere Stellungnahmen verfasste und die Abweichung begründete. Die Bauherrin erhob Klage, die jedoch vom Verwaltungsgericht Düsseldorf (Urteil vom 20.03.2018 – 15 K 6025/14) abgewiesen wurde. Die Begründung lautete sinngemäß:
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine Ausnahmegenehmigung. Die Behörde hätte zwar eine solche erteilen können im Sinne des § 3a Abs. 3 ArbStättV, jedoch sah das Gericht keine Gleichwertigkeit zur Sicherheit und dem Schutz der Gesundheit der Beschäftigten. Eine Baugenehmigung ist zu erteilen, wenn dem Vorhaben öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht entgegenstehen (vgl. § 72 MBO). Jedoch sei die erteilte Baugenehmigung davon unabhängig zu werten, die Baurechtsbehörde hätte nach Ansicht des Gerichts hierbei auch keine Kompetenz zur Erteilung einer Ausnahmegenehmigung. Des Weiteren ersetzt eine Baugenehmigung auch keine aus anderen Vorschriften erforderlichen Genehmigungen. Die durch den Brandschutzkonzeptersteller angeführten „kurzen Rettungswege“ und den Einbau von Rauchwarnmeldern und Handdruckmeldern zur Erklärung, dass die Aufschlagsrichtung entgegen der Fluchtrichtung so vertretbar sei, wurde durch das Gericht nicht im Sinne einer Gleichwertigkeit in der Schutzzielerreichung anerkannt, bzw. war nicht ausreichend genug. Für die Klägerin bestünde zur Gewährung der Ausnahmegenehmigung eine erhöhte Darlegungslast im Sinne der Vorgaben des Arbeitsschutzrechts. Die Vorschriften des Arbeitsschutzgesetzes sowie der Arbeitsstättenverordnung weisen dem Arbeitgeber, der eine Arbeitsstätte einrichten oder betreiben will, grundlegende Einschätzungs- und Dokumentationspflichten zu; Eine adäquate Gefährdungsbeurteilung in dieser Sache wurde nach Einschätzung des Gerichts nicht vorgelegt. Bei dem der Baugenehmigung zu Grunde liegenden Brandschutzkonzept wie auch den weiteren Stellungnahmen des Sachverständigen für Brandschutz, insbesondere auch der zuletzt vorgelegten „Gefährdungsbetrachtung“ handelt es sich nicht um eine fachkundige Äußerung im Sinne der Arbeitsstättenverordnung, sondern um eine sachverständige Einschätzung aus baurechtlicher Sicht.